In den letzten zehn Jahren hat sich die Kreditwelt Schritt-für-Schritt verändert. So allmählich, dass viele Immobilienkäufer noch der Ansicht sind, dass eine Beleihungsgrenze von 80 % nicht überschritten werden dürfte. Inzwischen gibt es aber die Möglichkeit – wie viele Immobilienkreditvermittlungsspezialisten betonen – sogar eine Finanzierung bis 100 % des Verkehrswertes der Immobilie durchzuführen.
Die Zinsstatistik der Bundesbank für das Neugeschäft der Banken vermittelt belastbares Zahlenmaterial über die Zinsentwicklung: Die Durchschnittszinsen bei einer vereinbarten Zinsbindung von fünf bis zehn Jahren entwickelten sich wie folgt: im Februar 2009 vermeldete die Bundesbank-Statistik noch einen Zins von 4,58 Prozent, im Februar 2014 (fünf Jahre später) 2,81 Prozent und im Februar 2019 nur noch 1,63 Prozent. Dies bedeutet, dass die Zinsbelastung für Immobilieneigentümer in allen Regionen erheblich gesunken ist.
Wenn Sie bei ansonsten gleichen, finanziellen Voraussetzungen die fällige Monatsrate berechnen würden, dann ergäbe sich: Der Zinsanteil der Raten hat sich um beinahe 65 % verringert! Wenn Sie in einer kleinen Tabelle eine Vergleichsrechnung durchführen würden, dann würde sich das folgende erstaunliche Ergebnis zeigen: eine 100 prozentige Beleihung zum heutigen Zeitpunkt verursacht pro 10.000 Euro Kaufpreis eine geringere Zinsbelastung als die 60 oder 80 prozentige Beleihung damals.
Allerdings ist die vollständige Baufinanzierung (100 % Beleihungswert) auch wesentlich empfindlicher gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen und Änderungen. Deshalb sollten Sie als Immobilienkäufer Ihr besonderes Augenmerk auf die folgenden Punkte legen:
- Eine Beleihung mit 100 % bedeutet, dass der gesamte Verkehrswert bzw. Neukaufpreis der Immobilie durch einen Bankkredit finanziert wird. Deshalb sollten Sie als Immobilienkäufer die Monatsrate nicht zu knapp kalkulieren. Denn einen weiteren Kredit zu bekommen, wird schwierig werden. Insbesondere, wenn Sie als Käufer mit der Bezahlung der Raten im Rückstand sein würden und deshalb die Bonitätsauskunft, z.B. der SCHUFA, nicht mehr makellos sein würde. Bei Ablehnung eines Kreditsantrags käme dann nur noch ein Kredit ohne Schufa infrage.
- Die meisten Marktbeobachter und Finanzierungsexperten sind sich einig, dass das Risiko von Zinserhöhungen gegeben sein könnte. Deshalb ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass die Zinsen nicht nur für fünf Jahre, sondern möglichst langfristig vereinbart werden. Zinsbindungen von zehn Jahren und sogar bis zu zwanzig Jahren sind marktüblich und empfehlenswert.
- Bei langer Laufzeit und der Kreditsumme eines Immobiliendarlehens im sechsstelligen Bereich macht sich jedes Zehntel an Zinssenkung sehr deutlich bemerkbar. Bei gleicher Laufzeit wäre die Monatsrate geringer, was zu mehr Lebensqualität in der Abzahlungsphase führt. Bei gleicher, geplanter Monatsrate könnten Sie dagegen eine kürzere Laufzeit vereinbaren. Und den Traum von der abgezahlten Immobilie schneller verwirklichen.
- Da bei vielen Immobilienkrediten Sondertilgungen kostenfrei möglich sind, kann es sich lohnen bei der Festlegung der Monatsraten etwas vorsichtiger vorzugehen. Unerwartete Einnahmen wie Erfolgsboni, freiwerdende Lebensversicherungen oder andere Sparformen können dann den offenen Saldo erheblich verringern.